wvs-140629-IMGP9102In meinen Gedanken und mit dem Finger auf Landkarte bin ich die rund 23 km vom WVS-Bootshaus durch den Reiherstieg, zur Elbphilharmonie, weiter zu den Landungsbrücken, vorbei an Övelgönne und Blankenese bis zu unserem Wohnwagen im ElbeCamp in Hamburg-Rissen schon einige Male gepaddelt.

Ich wollte einmal Teil der großen weiten Welt des Hamburger Hafens sein, in dem Schlepper große Schiffe bugsieren, Hafenbarkassen pendeln und Kreuzfahrtschiffe ankern. Es muss schön sein, die bekannten Hafenattraktionen vom eigenen Boot aus zu sehen. Ich stellte mir bereits vor, im Abendlicht Selfies unter dem neuen Wahrzeichen der Stadt zu machen und am Ziel der Tour damit ein wenig anzugeben.

Berichte der Vereinskollegen und Vorerfahrungen auf der Norderelbe flößten mir Respekt ein, und als wir dann am 6. August spätnachmittag die Boote vorbereiteten, spürte ich eine gewisse Anspannung. Ich war froh mit Jens einen erfahrenen Paddler an meiner Seite zu haben. Bei Hochwasser ging es gemütlich los. Der Reiherstieg ist bekanntes Terrain und aus der Ferne konnten wir die lauten Klänge des Dockville-Festivals hören. Jens gab noch ein paar nützliche Tipps zur besseren Beherrschung des Bootes, und das eine oder andere wurde im ruhigen Wasser gleich ausprobiert. Wir waren zügig unterwegs.

Als wir dann am Veddelkanal vorbei waren, veränderte sich das Wasser. Durch die hohen Spundwände rechts und links wurde es unruhiger. Die kleinen bissigen Wellen kamen von allen Seiten und wurden immer höher, je näher wir der Norderelbe kamen. Sie schlugen über das Boot und meine volle Konzentration war gefordert.

Auf der Norderelbe war viel Schiffsverkehr. Von links kam ein Boot der Wasserschutzpolizei auf uns zu (dürfen wir hier überhaupt sein?), Hadag-Fähren, Barkassen, Schuten und Handelsschiffe von allen Seiten. Auf ein Zeichen von Jens querten wir so schnell wir konnten. Große Wellen aus allen Richtungen ließen mein kleines Paddelboot schaukeln, und ich dachte immer nur „bloß nicht aufhören zu paddeln". Meine Knie waren gegen das Kajak gepresst, das Paddel fest in meinen Händen. Wie stark die Anspannung war, sollte sich später zeigen. Auf der Nordseite des Flusses fuhren wir auf die Landungsbrücken zu. Kurz davor schauerte eine Elbfähre, wühlte das Wasser auf und wartete aus einen freien Liegeplatz. Als der Fährmann uns bemerkte, machte er ein wenig Platz und wir konnten unter den Blicken der staunenden Touristen hinter den Landungsbrücken vorbei paddeln.

Hafenstraße, Fischmarkt, Dockland, bekannte Orte, die ich von der Landseite kenne. Am Kreuzfahrtterminal in Altona lag etwas großes weißes, das offensichtlich gerade durch ein Tankschiff versorgt werden sollte. Wir mussten um Beide einen großen Bogen paddeln und wurden weit in die Mitte des Flusses getragen. Hinter uns kam schon die nächste Fähre. Wieder musste alles schnell gehen.

Hinter Övelgönne wurde es ruhiger. An der Strandperle machten wir eine kurze Pause. Einmal kurz die Beine durchstrecken und weiter. Als es bereits schummrig wurde, hatten wir noch etwa 13 km vor uns. Ich versuchte an Jens Heck dranzubleiben. Durch die gute Strömung und die Vorfreude auf ein kühles Bier an unserem Ziel kamen wir zügig voran. Wir orientierten uns an den Schornsteinen des Wedeler Kraftwerks. Nach drei ein viertel Stunden hatten wir unser Ziel erreicht und klatschten uns mit strahlenden Augen ab.

Nachtrag:
Als ich nachts neben meiner Frau in unserem Wohnwagen lag, spürte ich jeden Muskel, war erschöpft, aber auch glückselig und noch ganz berauscht von diesem Paddelerlebnis. Ihre Frage ob wir auch an der Cap San Diego vorbei gekommen seien konnte ich nicht beantworten. Ich hatte sie nicht gesehen, genauso wie vieles andere nicht, was ich eigentlich sehen wollte. An ein Selfie mit Elbphilharmonie zum Angeben war gar nicht zu denken gewesen. Das Paddeln hatte meine ganze Aufmerksamkeit gefordert. Ich war mit meinem Kajak mittendrin gewesen in der großen weiten Welt. Fazit: Ganz bald noch mal.

[Anm. Redaktion: Das Foto entstand bei anderen Fahrt - warum sagt ja der Artikel...]